Pinkwart-Besuch in Erwitte: Weichenstellung in Richtung grüner Zement
PATRIOT, Artikel vom 23.04.2022, VON FREDERICK LÜKE
Erwitte – „Weichenstellung“ – „wesentlicher Meilenstein“ – „Modellprojekt“ – „Jahrhundertaufgabe“: Es waren gewichtige Worte, die beim Besuch von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) im Spenner-Forum gesprochen wurden. Tatsächlich herrschte Aufbruchstimmung, als am Donnerstagabend die erste Förderung für den industriellen Klimaschutz übergeben wurde.
Die Fördersumme in Höhe von 200 000 Euro spiegelt die Tragweite des Vorhabens bei weiten nicht wider. Sie steht für den allerersten Schritt: Mit ihr soll eine einjährige Startphase finanziert werden, um mit entsprechenden personellen Ressourcen eine wissenschaftlich begleitete Machbarkeitsanalyse für die Zementstandorte in Erwitte und Geseke durchzuführen. Das ehrgeizige Ziel: Eine CO2-freie Zementproduktion bis zum Jahr 2030 hinzubekommen.
Die Freude war Erwittes Bürgermeister Hendrik Henneböhl anzumerken, als er in seinen Begrüßungsworten die Bedeutung des Projektes hervorhob: Zehn Prozent der deutschen Zementproduktion kommen aus Erwitte und Geseke und nirgendwo gibt es eine größere Konzentration an Werken. „Daher ist richtig und wichtig, mit einer breiten Unterstützerstruktur die Basis für den anstehenden Transformationsprozess aufzuarbeiten. Wissenschaftlich unterstützt und in Trägerschaft der beiden Kommunen im ersten Schritt, gerade auch um die Akzeptanz von Politik, Industrie und Zivilgesellschaft für die anstehenden Transformationsprozesse zu finden“, führte er aus. Man habe mit der Entscheidung einen Nerv getroffen. Die nächsten Schritte würden deutlich schwerer und kostenintensiver. Denn der Ansatz gehe über eine anvisierte Wasserstofftechnologie hinaus, „es geht um Carbon-Management, Infrastrukturfragen, die Erzeugung erneuerbarer Energien und die Herausforderungen der späteren organisatorischen Abarbeitung dieser Jahrhundertaufgabe“, machte Henneböhl deutlich.
Im Juni vergangenen Jahres wurde eine gemeinsame Willenserklärung der Kommunen sowie der fünf Werke verfasst. Im August sprach man bei Pinkwart vor, der seine Unterstützung zusagte. Anfang November wurde das Projektvorhaben veröffentlicht, fasst Henneböhl die ersten Schritte zusammen.
Das Projekt habe eine „Strahlkraft weit über die Region hinaus“, es sei eine „riesen Transformation“, sekundierte Dr. Martin Schneider, Hauptgeschäftsführer des Vereins Deutscher Zementwerke (vdz) mit Sitz in Düsseldorf. Es sei die „Weichenstellung für eine CO2-freie Zementregion Erwitte-Geseke“, sagte er. Er habe enormen Respekt vor der Aufgabe, sei aber überzeugt, dass man sie meistern könne.
Wirtschaftsminister Pinkwart sieht das Land in der Verantwortung, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen „weil wir die Fähigkeit haben und weil wir eine lange Industrietradition haben“. Straßen, Brücken, Bahntrassen, Windräder: Die dafür benötigten Rohstoffe müssten durch Innovationen zusammengebracht werden, um bei Schonung der Ressourcen die Klimaneutralität 2045 zu erreichen. Er sagte die weitere Unterstützung des Ministeriums zu und dankte den Städten Erwitte und Geseke für ihren zehnprozentigen Anteil an der Anschubfinanzierung.
Dem Dank schloss sich Hausherr Dr. Dirk Spenner an. Der gemeinsame Impuls zweier Bürgermeister sei „nicht selbstverständlich“. Auch er sprach von einer „gewaltigen Herausforderung“.
Landtagsabgeordneter Christof Rasche (FDP) hob ebenfalls die Bedeutung der interkommunalen Zusammenarbeit hervor – und auch die Zusammenarbeit der weiteren Zementwerke in Erwitte und Geseke, deren Vertreter der Übergabe des ersten Förderbescheids beiwohnten.
CDU-Landtagsabgeordneter Jörg Blöming betonte die Bedeutung des Modellprojekts für ganz Deutschland und wünschte zum Abschluss „Glück auf“.